Gesetz
über Naturschutz und Landschaftspflege
(Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG)
(=
Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der
Landschaftspflege
und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften (BNatSchGNeuregG))
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Vom 25. März 2002 (BGBl. I S. 1193)
Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften
§ 1 Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege
Natur und Landschaft sind auf Grund ihres eigenen Wertes und als Lebensgrundlagen
des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen
im besiedelten und unbesiedelten Bereich so zu schützen, zu pflegen, zu
entwickeln und, soweit erforderlich, wiederherzustellen, dass
1. die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts,
2. die Regenerationsfähigkeit und nachhaltige Nutzungsfähigkeit der
Naturgüter,
3. die Tier- und Pflanzenwelt einschließlich ihrer Lebensstätten
und Lebensräume sowie
4. die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur
und Landschaft
auf Dauer gesichert sind.
§ 2 Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege
(1) Die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind insbesondere
nach Maßgabe folgender Grundsätze zu verwirklichen, soweit es im
Einzelfall zur Verwirklichung erforderlich, möglich und unter Abwägung
aller sich aus den Zielen nach § 1 ergebenden Anforderungen untereinander
und gegen die sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft
angemessen ist:
1. Der Naturhaushalt ist in seinen räumlich abgrenzbaren Teilen so zu sichern,
dass die den Standort prägenden biologischen Funktionen, Stoff- und Energieflüsse
sowie landschaftlichen Strukturen erhalten, entwickelt oder wiederhergestellt
werden.
2. Die Naturgüter sind, soweit sie sich nicht erneuern, sparsam und schonend
zu nutzen. Der Nutzung sich erneuernder Naturgüter kommt besondere Bedeutung
zu; sie dürfen nur so genutzt werden, dass sie nachhaltig zur Verfügung
stehen.
3. Böden sind so zu erhalten, dass sie ihre Funktionen im Naturhaushalt
erfüllen können. Natürliche oder von Natur aus geschlossene Pflanzendecken
sowie die Ufervegetation sind zu sichern. Für nicht land- oder forstwirtschaftlich
oder gärtnerisch genutzte Böden, deren Pflanzendecke beseitigt worden
ist, ist eine standortgerechte Vegetationsentwicklung zu ermöglichen. Bodenerosionen
sind zu vermeiden.
4. Natürliche oder naturnahe Gewässer sowie deren Uferzonen und natürliche
Rückhalteflächen sind zu erhalten, zu entwickeln oder wiederherzustellen.
Änderungen des Grundwasserspiegels, die zu einer Zerstörung oder nachhaltigen
Beeinträchtigung schutzwürdiger Biotope führen können, sind
zu vermeiden; unvermeidbare Beeinträchtigungen sind auszugleichen. Ein
Ausbau von Gewässern soll so naturnah wie möglich erfolgen.
5. Schädliche Umwelteinwirkungen sind auch durch Maßnahmen des Naturschutzes
und der Landschaftspflege gering zu halten; empfindliche Bestandteile des Naturhaushalts
dürfen nicht nachhaltig geschädigt werden.
6. Beeinträchtigungen des Klimas sind zu vermeiden; hierbei kommt dem Aufbau
einer nachhaltigen Energieversorgung insbesondere durch zunehmende Nutzung erneuerbarer
Energien besondere Bedeutung zu. Auf den Schutz und die Verbesserung des Klimas,
einschließlich des örtlichen Klimas, ist auch durch Maßnahmen
des Naturschutzes und der Landschaftspflege hinzuwirken. Wald und sonstige Gebiete
mit günstiger klimatischer Wirkung sowie Luftaustauschbahnen sind zu erhalten,
zu entwickeln oder wiederherzustellen.
7. Beim Aufsuchen und bei der Gewinnung von Bodenschätzen, bei Abgrabungen
und Aufschüttungen sind dauernde Schäden des Naturhaushalts und Zerstörungen
wertvoller Landschaftsteile zu vermeiden. Unvermeidbare Beeinträchtigungen
von Natur und Landschaft sind insbesondere durch Förderung natürlicher
Sukzession, Renaturierung, naturnahe Gestaltung, Wiedernutzbarmachung oder Rekultivierung
auszugleichen oder zu mindern.
8. Zur Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts
ist die biologische Vielfalt zu erhalten und zu entwickeln. Sie umfasst die
Vielfalt an Lebensräumen und Lebensgemeinschaften, an Arten sowie die genetische
Vielfalt innerhalb der Arten.
9. Die wild lebenden Tiere und Pflanzen und ihre Lebensgemeinschaften sind als
Teil des Naturhaushalts in ihrer natürlichen und historisch gewachsenen
Artenvielfalt zu schützen. Ihre Biotope und ihre sonstigen Lebensbedingungen
sind zu schützen, zu pflegen, zu entwickeln oder wiederherzustellen.
10. Auch im besiedelten Bereich sind noch vorhandene Naturbestände, wie
Wald, Hecken, Wegraine, Saumbiotope, Bachläufe, Weiher sowie sonstige ökologisch
bedeutsame Kleinstrukturen zu erhalten und zu entwickeln.
11. Unbebaute Bereiche sind wegen ihrer Bedeutung für den Naturhaushalt
und für die Erholung insgesamt und auch im Einzelnen in der dafür
erforderlichen Größe und Beschaffenheit zu erhalten. Nicht mehr benötigte
versiegelte Flächen sind zu renaturieren oder, soweit eine Entsiegelung
nicht möglich oder nicht zumutbar ist, der natürlichen Entwicklung
zu überlassen.
12. Bei der Planung von ortsfesten baulichen Anlagen, Verkehrswegen, Energieleitungen
und ähnlichen Vorhaben sind die natürlichen Landschaftsstrukturen
zu berücksichtigen. Verkehrswege, Energieleitungen und ähnliche Vorhaben
sollen so zusammengefasst werden, dass die Zerschneidung und der Verbrauch von
Landschaft so gering wie möglich gehalten werden.
13. Die Landschaft ist in ihrer Vielfalt, Eigenart und Schönheit auch wegen
ihrer Bedeutung als Erlebnis- und Erholungsraum des Menschen zu sichern. Ihre
charakteristischen Strukturen und Elemente sind zu erhalten oder zu entwickeln.
Beeinträchtigungen des Erlebnis- und Erholungswerts der Landschaft sind
zu vermeiden. Zum Zweck der Erholung sind nach ihrer Beschaffenheit und Lage
geeignete Flächen zu schützen und, wo notwendig, zu pflegen, zu gestalten
und zugänglich zu erhalten oder zugänglich zu machen. Vor allem im
siedlungsnahen Bereich sind ausreichende Flächen für die Erholung
bereitzustellen. Zur Erholung im Sinne des Satzes 4 gehören auch natur-
und landschaftsverträgliche sportliche Betätigungen in der freien
Natur.
14. Historische Kulturlandschaften und -landschaftsteile von besonderer Eigenart,
einschließlich solcher von besonderer Bedeutung für die Eigenart
oder Schönheit geschützter oder schützenswerter Kultur-, Bau-
und Bodendenkmäler, sind zu erhalten.
15. Das allgemeine Verständnis für die Ziele und Aufgaben des Naturschutzes
und der Landschaftspflege ist mit geeigneten Mitteln zu fördern. Bei Maßnahmen
des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist ein frühzeitiger Informationsaustausch
mit Betroffenen und der interessierten Öffentlichkeit zu gewährleisten.
(2) Bund und Länder unterstützen die internationalen Bemühungen
und die Verwirklichung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften auf
dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Die Errichtung des Europäischen
ökologischen Netzes "Natura 2000" ist zu fördern. Sein Zusammenhalt
ist zu wahren und, auch durch die Pflege und Entwicklung eines Biotopverbunds,
zu verbessern. Der Erhaltungszustand der Biotope von gemeinschaftlichem Interesse,
insbesondere der dem Netz "Natura 2000" angehörenden Gebiete,
der Arten von gemeinschaftlichem Interesse und der europäischen Vogelarten
ist zu überwachen. Die besonderen Funktionen der Gebiete von gemeinschaftlicher
Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete innerhalb des Netzes
"Natura 2000" sind zu erhalten und bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen,
soweit wie möglich, wiederherzustellen.
(3) Die Länder können die Grundsätze ergänzen und weitere
Grundsätze aufstellen.
§ 3 Biotopverbund
(1) Die Länder schaffen ein Netz verbundener Biotope (Biotopverbund), das
mindestens 10 Prozent der Landesfläche umfassen soll. Der Biotopverbund
soll länderübergreifend erfolgen. Die Länder stimmen sich hierzu
untereinander ab.
(2) Der Biotopverbund dient der nachhaltigen Sicherung von heimischen Tier-
und Pflanzenarten und deren Populationen einschließlich ihrer Lebensräume
und Lebensgemeinschaften sowie der Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung
funktionsfähiger ökologischer Wechselbeziehungen.
(3) Der Biotopverbund besteht aus Kernflächen, Verbindungsflächen
und Verbindungselementen. Bestandteile des Biotopverbunds sind:
1. festgesetzte Nationalparke,
2. im Rahmen des § 30 gesetzlich geschützte Biotope,
3. Naturschutzgebiete, Gebiete im Sinne des § 32 und Biosphärenreservate
oder Teile dieser Gebiete,
4. weitere Flächen und Elemente, einschließlich Teilen von Landschaftsschutzgebieten
und Naturparken,
wenn sie zur Erreichung des in Absatz 2 genannten Zieles geeignet sind.
(4) Die erforderlichen Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselemente
sind durch Ausweisung geeigneter Gebiete im Sinne des § 22 Abs. 1, durch
planungsrechtliche Festlegungen, durch langfristige Vereinbarungen (Vertragsnaturschutz)
oder andere geeignete Maßnahmen rechtlich zu sichern, um einen Biotopverbund
dauerhaft zu gewährleisten.
§ 4 Beachtung der Ziele und Grundsätze
Jeder soll nach seinen Möglichkeiten zur Verwirklichung der Ziele und Grundsätze
des Naturschutzes und der Landschaftspflege beitragen und sich so verhalten,
dass Natur und Landschaft nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar
beeinträchtigt werden.
§ 5 Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft
(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die
besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst-
und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft
zu berücksichtigen.
(2) Die Länder erlassen Vorschriften über den Ausgleich von Nutzungsbeschränkungen
in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft.
(3) Die Länder setzen eine regionale Mindestdichte von zur Vernetzung von
Biotopen erforderlichen linearen und punktförmigen Elementen (Saumstrukturen,
insbesondere Hecken und Feldraine sowie Trittsteinbiotope) fest und ergreifen
geeignete Maßnahmen (planungsrechtliche Vorgaben, langfristige Vereinbarungen,
Förderprogramme oder andere Maßnahmen), falls diese Mindestdichte
unterschritten ist und solche Elemente neu einzurichten sind.
(4) Die Landwirtschaft hat neben den Anforderungen, die sich aus den für
die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und § 17 Abs. 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes
ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis
zu beachten:
- Bei der landwirtschaftlichen Nutzung muss die Bewirtschaftung standortangepasst
erfolgen und die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und langfristige Nutzbarkeit
der Flächen gewährleistet werden.
- Vermeidbare Beeinträchtigungen von vorhandenen Biotopen sind zu unterlassen.
- Die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Landschaftselemente sind zu
erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren.
- Die Tierhaltung hat in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau
zu stehen und schädliche Umweltauswirkungen sind zu vermeiden.
- Auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten,
auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch
zu unterlassen.
- Die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora,
Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche
Maß hinaus beeinträchtigt werden.
- Eine schlagspezifische Dokumentation über den Einsatz von Dünge-
und Pflanzenschutzmitteln ist nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechts
zu führen.
(5) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe
Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften.
Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.
(6) Bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der oberirdischen Gewässer
sind diese einschließlich ihrer Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume
für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern.
Der Besatz dieser Gewässer mit nicht heimischen Tierarten ist grundsätzlich
zu unterlassen. Bei Fischzuchten und Teichwirtschaften der Binnenfischerei sind
Beeinträchtigungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten auf das zur Erzielung
eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß zu beschränken.
§ 6 Aufgaben der Behörden
(1) Die Durchführung dieses Gesetzes und der im Rahmen und auf Grund dieses
Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften obliegt den für Naturschutz und
Landschaftspflege zuständigen Behörden, soweit in anderen Rechtsvorschriften
nichts anderes bestimmt ist.
(2) Behörden des Bundes haben im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Verwirklichung
der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu
unterstützen. Sie haben die für Naturschutz und Landschaftspflege
zuständigen Behörden bereits bei der Vorbereitung aller öffentlichen
Planungen und Maßnahmen, die die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege
berühren können, zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme
zu geben.
(3) Die Länder erlassen entsprechende Rechtsvorschriften. Sie regeln die
Beteiligung anderer Behörden bei Planungen und Maßnahmen der für
Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden. Darüber
hinaus erlassen die Länder Vorschriften, nach denen Erziehungs-, Bildungs-
und Informationsträger auf allen Ebenen über die Bedeutung von Natur
und Landschaft sowie über die Aufgaben des Naturschutzes informieren, das
Verantwortungsbewusstsein für ein pflegliches Verhalten gegenüber
Natur und Landschaft wecken und für einen verantwortungsvollen Umgang mit
den Naturgütern werben.
§ 7 Grundflächen der öffentlichen Hand
Bei der Bewirtschaftung von Grundflächen im Eigentum oder Besitz der öffentlichen
Hand sollen die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege
in besonderer Weise berücksichtigt werden. Für den Naturschutz besonders
wertvolle Grundflächen sollen, soweit angemessen, in ihrer ökologischen
Beschaffenheit nicht nachteilig verändert werden. Die Sätze 1 und
2 stehen der Erfüllung bestimmter öffentlicher Zweckbestimmungen von
Grundflächen nicht entgegen.
§ 8 Vertragliche Vereinbarungen
Das Landesrecht stellt sicher, dass bei Maßnahmen zur Durchführung
der im Rahmen dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften geprüft wird,
ob der Zweck auch durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden kann. Die
sonstigen Befugnisse der Naturschutzbehörden nach diesem Gesetz bleiben
hiervon unberührt.
§ 9 Duldungspflicht
(1) Die Länder können bestimmen, dass Eigentümer und Nutzungsberechtigte
von Grundflächen Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege
auf Grund oder im Rahmen dieses Gesetzes erlassener Rechtsvorschriften zu dulden
haben, soweit dadurch die Nutzung der Grundfläche nicht unzumutbar beeinträchtigt
wird.
(2) Die Länder können weitergehende Vorschriften erlassen.
§ 10 Begriffe
(1) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet
1. Naturhaushalt
seine Bestandteile Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere und Pflanzen sowie das
Wirkungsgefüge zwischen ihnen,
2. Biotope
Lebensstätten und Lebensräume wild lebender Tiere und Pflanzen,
3. Biotope von gemeinschaftlichem Interesse
die in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung
der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen
(ABl. EG Nr. L 206 S. 7), die zuletzt durch die Richtlinie 97/62/EG vom 27.
Oktober 1997 (ABl. EG Nr. L 305 S. 42) geändert worden ist, aufgeführten
Lebensräume,
4. prioritäre Biotope
die in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG mit einem (*) gekennzeichneten Biotope,
5. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung
die in die Liste nach Artikel 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG
eingetragenen Gebiete, auch wenn sie noch nicht zu Schutzgebieten im Sinne dieses
Gesetzes erklärt worden sind,
6. Europäische Vogelschutzgebiete
Gebiete im Sinne des Artikels 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates
vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl.
EG Nr. L 103 S. 1), die zuletzt durch die Richtlinie 97/49/EG vom 29. Juli 1997
(ABl. EG Nr. L 223 S. 9) geändert worden ist,
7. Konzertierungsgebiete
einem Konzertierungsverfahren nach Art. 5 der Richtlinie 92/43/EWG unterliegende
Gebiete von der Einleitung des Verfahrens durch die Kommission bis zur Beschlussfassung
des Rates,
8. Europäisches ökologisches Netz "Natura 2000"
das kohärente Europäische ökologische Netz "Natura 2000"
gemäß Artikel 3 der Richtlinie 92/43/EWG, das aus den Gebieten von
gemeinschaftlicher Bedeutung und den Europäischen Vogelschutzgebieten besteht,
9. Erhaltungsziele
Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands
a) der in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten natürlichen
Lebensräume und der in Anhang II dieser Richtlinie aufgeführten Tier-
und Pflanzenarten, die in einem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung vorkommen,
b) der in Anhang I der Richtlinie 79/409/EWG aufgeführten und der in Artikel
4 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Vogelarten sowie ihrer Lebensräume,
die in einem Europäischen Vogelschutzgebiet vorkommen,
10. Schutzzweck
der sich aus Vorschriften über Schutzgebiete ergebende Schutzzweck,
11. Projekte
a) Vorhaben und Maßnahmen innerhalb eines Gebiets von gemeinschaftlicher
Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebiets, sofern sie einer
behördlichen Entscheidung oder einer Anzeige an eine Behörde bedürfen
oder von einer Behörde durchgeführt werden,
b) Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des § 18, sofern sie einer
behördlichen Entscheidung oder einer Anzeige an eine Behörde bedürfen
oder von einer Behörde durchgeführt werden und
c) nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftige Anlagen
sowie Gewässerbenutzungen, die nach dem Wasserhaushaltsgesetz einer Erlaubnis
oder Bewilligung bedürfen,
soweit sie, einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen,
geeignet sind, ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein Europäisches
Vogelschutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen; ausgenommen sind Projekte,
die unmittelbar der Verwaltung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung
oder der Europäischen Vogelschutzgebiete dienen,
12. Pläne
Pläne und Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren, die bei behördlichen
Entscheidungen zu beachten oder zu berücksichtigen sind, soweit sie, einzeln
oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten, geeignet sind,
ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein Europäisches Vogelschutzgebiet
erheblich zu beeinträchtigen; ausgenommen sind Pläne, die unmittelbar
der Verwaltung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung oder der Europäischen
Vogelschutzgebiete dienen,
13. Erholung
natur- und landschaftsverträglich ausgestaltetes Natur- und Freizeiterleben
einschließlich natur- und landschaftsverträgliche sportliche Betätigung
in der freien Natur, die die Verwirklichung der sonstigen Ziele und Grundsätze
des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht beeinträchtigen.
(2) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet
1. Tiere
a) wild lebende, gefangene oder gezüchtete und nicht herrenlos gewordene
sowie tote Tiere wild lebender Arten,
b) Eier, auch im leeren Zustand, Larven, Puppen und sonstige Entwicklungsformen
von Tieren wild lebender Arten,
c) ohne weiteres erkennbare Teile von Tieren wild lebender Arten und
d) ohne weiteres erkennbar aus Tieren wild lebender Arten gewonnene Erzeugnisse,
2. Pflanzen
a) wild lebende, durch künstliche Vermehrung gewonnene sowie tote Pflanzen
wild lebender Arten,
b) Samen, Früchte oder sonstige Entwicklungsformen von Pflanzen wild lebender
Arten,
c) ohne weiteres erkennbare Teile von Pflanzen wild lebender Arten und
d) ohne weiteres erkennbar aus Pflanzen wild lebender Arten gewonnene Erzeugnisse,
3. Art
jede Art, Unterart oder Teilpopulation einer Art oder Unterart; für die
Bestimmung einer Art ist ihre wissenschaftliche Bezeichnung maßgebend,
4. Population
eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen,
5. heimische Art
eine wild lebende Tier- oder Pflanzenart, die ihr Verbreitungsgebiet oder regelmäßiges
Wanderungsgebiet ganz oder teilweise
a) im Inland hat oder in geschichtlicher Zeit hatte oder
b) auf natürliche Weise in das Inland ausdehnt;
als heimisch gilt eine wild lebende Tier- oder Pflanzenart auch, wenn sich verwilderte
oder durch menschlichen Einfluss eingebürgerte Tiere oder Pflanzen der
betreffenden Art im Inland in freier Natur und ohne menschliche Hilfe über
mehrere Generationen als Population erhalten,
6. gebietsfremde Art
eine wild lebende Tier- oder Pflanzenart, wenn sie in dem betreffenden Gebiet
in freier Natur nicht oder seit mehr als 100 Jahren nicht mehr vorkommt,
7. Arten von gemeinschaftlichem Interesse
die in den Anhängen II, IV oder V der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten
Tier- und Pflanzenarten,
8. prioritäre Arten
die in Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG mit einem Sternchen (*) gekennzeichneten
Tier- und Pflanzenarten,
9. europäische Vogelarten
in Europa natürlich vorkommende Vogelarten im Sinne des Artikels 1 der
Richtlinie 79/409/EWG
10. besonders geschützte Arten
a) Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang A oder B der Verordnung (EG) Nr. 338/97
des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wild lebender
Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. EG 1997 Nr.
L 61 S. 1, Nr. L 100 S. 72, Nr. L 298 S. 70), die zuletzt durch die Verordnung
(EG) Nr. 1579/2001 vom 1. August 2001 (ABl. EG Nr. L 209 S. 14) geändert
worden ist, aufgeführt sind,
b) nicht unter Buchstabe a fallende
aa) Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführt
sind,
bb) "europäische Vogelarten",
c) Tier- und Pflanzenarten, die in einer Rechtsverordnung nach § 52 Abs.
1 aufgeführt sind,
11. streng geschützte Arten
besonders geschützte Arten, die
a) in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97,
b) in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG,
c) in einer Rechtsverordnung nach § 52 Abs. 2
aufgeführt sind,
12. gezüchtete Tiere
Tiere, die in kontrollierter Umgebung geboren oder auf andere Weise erzeugt
und deren Elterntiere rechtmäßig erworben worden sind,
13. künstlich vermehrte Pflanzen
Pflanzen, die aus Samen, Gewebekulturen, Stecklingen oder Teilungen unter kontrollierten
Bedingungen herangezogen worden sind,
14. Anbieten
Erklärung der Bereitschaft zu verkaufen oder zu kaufen und ähnliche
Handlungen, einschließlich der Werbung, der Veranlassung zur Werbung oder
der Aufforderung zu Verkaufs- oder Kaufverhandlungen,
15. Inverkehrbringen
das Anbieten, Vorrätighalten zur Abgabe, Feilhalten und jedes Abgeben an
andere,
16. rechtmäßig
in Übereinstimmung mit den jeweils geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz
der betreffenden Art im jeweiligen Staat sowie mit Rechtsakten der Europäischen
Gemeinschaften auf dem Gebiet des Artenschutzes und dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen
im Rahmen ihrer jeweiligen räumlichen und zeitlichen Geltung oder Anwendbarkeit,
17. Mitgliedstaat
ein Staat, der Mitglied der Europäischen Union ist,
18. Drittland
ein Staat, der nicht Mitglied der Europäischen Union ist,
19. Zoo
dauerhafte Einrichtung, in der lebende Tiere wild lebender Arten zwecks Zurschaustellung
während eines Zeitraumes von mindestens sieben Tagen im Jahr gehalten werden;
nicht als Zoo im Sinne des Satzes 1 gelten
a) Zirkusse,
b) Tierhandlungen und
c) Gehege zur Haltung von nicht mehr als fünf Arten des im Geltungsbereich
des Bundesjagdgesetzes heimischen Schalenwildes oder Einrichtungen, in denen
nicht mehr als fünf Tiere anderer wild lebender Arten gehalten werden.
(3) Dem Verkaufen im Sinne dieses Gesetzes stehen das Tauschen und das entgeltliche
Überlassen zum Gebrauch oder zur Nutzung gleich.
(4) Wenn die in Absatz 2 Nr. 10 genannten Arten bereits auf Grund der bis zum
8. Mai 1998 geltenden Vorschriften unter besonderem Schutz standen, gilt als
Zeitpunkt der Unterschutzstellung derjenige, der sich aus diesen Vorschriften
ergibt. Entsprechendes gilt für die in Absatz 2 Nr. 11 genannten Arten,
soweit sie nach den bis zum 8. Mai 1998 geltenden Vorschriften als vom Aussterben
bedroht bezeichnet waren.
(5) Die Begriffsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleiben unberührt.
Soweit in diesem Gesetz auf Anhänge der Verordnung (EG) Nr. 338/97, der
Verordnung (EWG) Nr. 3254/91 des Rates vom 4. November 1991 zum Verbot von Tellereisen
in der Gemeinschaft und der Einfuhr von Pelzen und Waren von bestimmten Wildtierarten
aus Ländern, die Tellereisen oder den internationalen humanen Fangnormen
nicht entsprechende Fangmethoden anwenden (ABl. EG Nr. L 308 S. 1), der Richtlinien
92/43/EWG und 79/409/EWG und der Richtlinie 83/129/EWG des Rates vom 28. März
1983 betreffend die Einfuhr in die Mitgliedstaaten von Fellen bestimmter Jungrobben
und Waren daraus (ABl. EG Nr. L 91 S. 30), zuletzt geändert durch die Richtlinie
89/370/EWG vom 8. Juni 1989 (ABl. EG Nr. L 163 S. 37), oder auf Vorschriften
der genannten Rechtsakte verwiesen wird, in denen auf Anhänge Bezug genommen
wird, sind diese jeweils in der sich aus den Veröffentlichungen im Amtsblatt
Teil L der Europäischen Gemeinschaften ergebenden geltenden Fassung maßgeblich.
(6) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
gibt
1. die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die Europäischen Vogelschutzgebiete
sowie die Konzertierungsgebiete im Bundesanzeiger,
2. die besonders geschützten und die streng geschützten Arten mit
dem Zeitpunkt ihrer jeweiligen Unterschutzstellung
bekannt.
§ 11 Vorschriften für die Landesgesetzgebung
Die Vorschriften dieses Gesetzes sind mit Ausnahme des § 6 Abs. 2, des
§ 10 Abs. 6, des § 20 Abs. 3, der §§ 21 und 22 Abs. 4 Satz
2, des § 33 Abs. 1 Satz 2 und 3, des § 35 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2,
der §§ 36 und 37 Abs. 1, der §§ 38, 39 Abs. 2, der §§
42 bis 50, des § 52 Abs. 1 bis 8, der §§ 53, 55 und 57 Abs. 1,
der §§ 58 und 59 sowie der §§ 61 bis 70 Rahmenvorschriften
für die Landesgesetzgebung. Soweit Behörden des Bundes Entscheidungen
über Projekte im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 11 treffen oder solche
Projekte durchführen, gilt abweichend von Satz 1 auch § 34 unmittelbar.