Newsletter Naturschutzrecht Nr. 04 vom 3.5.2002
verantwortlich für den Inhalt: Informationsdienst für Natur- und Umweltschutz Tübingen, A. & J. Schumacher GbR

Inhalt:

Aktuelle Meldung
Gesetzesänderungen
Rechtsprechung
Literatur

 

 

Aktuelle Meldungen:

Deutschland ratifiziert Kyoto-Protokoll - Bundesrat stimmte am 26.4.2002 dem Gesetzentwurf zu
Wie zuvor bereits der Deutsche Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zur Ratifizierung des Kyoto-Protokolls zugestimmt. Damit steht der Hinterlegung der Ratifizierungsurkunde bei den Vereinten Nationen nichts mehr im Wege. Die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten hatten sich darauf verständigt, dies gemeinsam bis spätestens zum 1. Juni 2002 zu tun.
Das Kyoto-Protokoll tritt 90 Tage nach der Hinterlegung der letzten für das Inkrafttreten erforderlichen Urkunde in Kraft. Bisher haben bereits insgesamt 53 Staaten das Protokoll ratifiziert, darunter zwei Staaten, die sich im Rahmen des Kyoto-Protokolls zu konkreten Emissionsbegrenzungen verpflichtet haben.

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 26.4.2002 neben dem Ratifizierungsgesetz zum Kyoto-Protokoll eine Reihe weiterer Umweltvorschriften beschlossen:
Wasserhaushaltsgesetz:
Mit der endgültigen Verabschiedung der Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes konnte die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie im Bundesrecht zügig abgeschlossen werden. Nunmehr können auch die Bundesländer ihre Landeswassergesetze fristgemäß bis Ende 2003 den europäischen Regelungen anpassen. Mit der Novelle ist der Einstieg in eine grenzüberschreitende nachhaltige Gewässerbewirtschaftung rechtlich verankert. Ziel ist es, dass alle Gewässer bis 2015 einen guten Zustand erreichen, nicht nur bei Schadstoffen, sondern auch bei der im Wasser heimischen Tier- und Pflanzenwelt. Dazu müssen bis 2009 Bewirtschaftungspläne erarbeitet werden.

Biozidgesetz und Biozidverordnung: Biozid-Produkte wie u.a. Holzschutzmittel, Desinfektions- und Insektenvertilgungsmittel dürfen künftig nur in Verkehr gebracht und verwendet werden, wenn ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit ausreichend geprüft und bewertet sind. Eine Zulassungspflicht für diese Chemikalien wird eingeführt. Werbung muss einen Warnhinweis tragen. Damit soll der Biozideinsatz auf ein Mindestmass begrenzt werden. Das ist auch Beitrag zum Verbraucherschutz. Alpenkonvention: Mit dem Gesetz zur Ratifizierung der Protokolle zur Alpenkonvention, das vom Bundesrat verabschiedet wurde, leistet Deutschland im Internationalen Jahr der Berge einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der bedeutendsten europäischen Bergregion. Die 9 Protokolle zu Raumplanung und nachhaltige Entwicklung, Naturschutz und Landschaftspflege, Berglandwirtschaft, Bergwald, Tourismus, Energie, Bodenschutz, Verkehr sowie zur Streitbeilegung dienen der konkreten Umsetzung der 1995 in Kraft getretenen Alpenkonvention. Deutschland wird die Konvention als einer der ersten Alpenanrainerstaaten ratifizieren.

Espoo-Vertragsgesetz: Mit der Zustimmung durch den Bundesrat kann die Espoo-Konvention über die grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung nunmehr ratifiziert werden. Sie verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, bei Projekten, von denen voraussichtlich erhebliche nachteilige, grenzüberschreitende Umweltwirkungen ausgehen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen und dabei Behörden und die Öffentlichkeit möglicherweise betroffener anderer Vertragsstaaten zu beteiligen. Damit wird die gutnachbarschaftliche Zusammenarbeit und die Umweltvorsorge auf internationaler Ebene gestärkt.
Technische Anleitung Luft: Mit der neuen TA Luft wird die aus dem Jahr 1986 stammende Verwaltungsvorschrift abgelöst, an EU-Recht angepasst und der Stand der Technik in der Luftreinhaltung fortgeschrieben. Damit wird den Behörden ein modernes Instrument an die Hand gegeben, das zu mehr Rechts- und Planungssicherheit führt. Wie die derzeit gültige Fassung hat die neue TA einen Immissions- und einen Emissionsteil. Der Immissionsteil enthält Vorschriften zum Schutz der Nachbarn von z.B. Industrieanlagen vor unvertretbar hohen Schadstoffbelastungen. Der Emissionsteil enthält Anforderungen an die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und legt entsprechende Emissionswerte für alle relevanten Luftschadstoffe fest. Diese gelten nicht nur für Neuanlagen, sondern nach entsprechender Übergangsfrist auch für Altanlagen.
(Auszug aus BMU, Pressemitteilung 99/02 vom 26.4.2002)


Gesetzesänderungen:

Bund

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG)
Vom 25.03.2002, BGBl. I S. 1193

Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten (Bundesartenschutzverordnung - BArtSchV)
Vom 14. Oktober 1999, BGBl. I S. 1955, ber. S. 2073, zuletzt geändert am 25.03.2002, BGBl. I S. 1193

Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG)
In der Fassung der Bekanntmachung vom 4. November 1998, BGBl. I S. 3294, zuletzt geändert am 25.03.2002, BGBl. I S. 1193

Verordnung über Anlagen seewärts der Begrenzung des deutschen Küstenmeeres (Seeanlagenverordnung - SeeAnlV)
Vom 23. Januar 1997, BGBl. I S. 57, zuletzt geändert am 25.03.2002, BGBl. I S. 1193

Hamburg

Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (Anlagenverordnung - VAwS)
Vom 19. Mai 1998, Hamb.GVBl. S. 71, zuletzt geändert am 02.04.2002, Hamb.GVBl. S. 31

Mecklenburg-Vorpommern

Verwaltungsvorschrift zur Verwendung der Formblätter Streckenliste und Wildnachweisung
Vom 06.03.2002, AmtsBl.M-V S. 273

Sachsen

Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft über den Vollzug der Verordnung über Schutzbestimmungen und Ausgleichsleistungen für erhöhte Aufwendungen der Land- und Forstwirtschaft in Wasserschutzgebieten (SächsSchAVO)
Vom 14.02.2002, SächsABl. Sonderdruck S. S241

Sachsen-Anhalt

Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (NatSchG LSA)
Vom 11. Februar 1992, GVBl.LSA S. 108, zuletzt geändert am 19.03.2002, GVBl.LSA S. 130

Landesjagdgesetz für Sachsen-Anhalt
Vom 23. Juli 1991, GVBl.LSA S. 186, zuletzt geändert am 19.03.2002, GVBl.LSA S. 130

Landeswaldgesetz
Vom 13. April 1994, GVBl.LSA S. 520, zuletzt geändert am 02.04.2002, GVBl.LSA S. 214

Feld- und Forstordnungsgesetz (FFOG)
Vom 16. April 1997, GVBl.LSA S. 476, zuletzt geändert am 19.03.2002, GVBl.LSA S. 130

Ausführungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt zum Bundes-Bodenschutzgesetz (Bodenschutz-Ausführungsgesetz Sachsen-Anhalt - BodSchAG LSA)
Vom 02.04.2002, GVBl.LSA S. 214

Fischereigesetz (FischG)
Vom 31. August 1993, GVBl.LSA S. 464, zuletzt geändert am 19.03.2002, GVBl.LSA S. 130

Wassergesetz für das Land Sachsen-Anhalt (WG LSA)
In der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 1998, GVBl.LSA S. 186, zuletzt geändert am 19.03.2002, GVBl.LSA S. 130

Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS LSA)
Vom 25. Januar 1996, GVBl.LSA S. 58, zuletzt geändert am 19.03.2002, GVBl.LSA S. 130

Indirekteinleiterverordnung (IndEinlVO)
Vom 2. Juli 1999, GVBl.LSA S. 202, zuletzt geändert am 19.03.2002, GVBl.LSA S. 130

Waldbrandschutzverordnung
Vom 30. Dezember 1996, GVBl.LSA S. 337, geändert am 19.03.2002, GVBl.LSA S. 130


Rechtsprechung

OVG Lüneburg, Beschluss vom 1.6.2001 - 7 MB 1546/01, 1 B 196/01
Länderübergreifende Kompensationsmaßnahmen

BNatSchG §§ 8 Abs. 1, 4 und 9, 19a Abs. 2, 19c; § 29 Abs. 1, 2 und 4; NNat-SchG §§ 7 ff, 12, 14, 60c Abs. 1; FFH-RL (92/43/EWG) Art. 6 Abs. 4
1. Die Durchführung von naturschutzrechtlichen Eingriffsverfahren, sowie von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in verschiedenen Bundesländern steht weder die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung noch die FFH-Richtlinie (92/43/EWG) entgegen.
2. Die notwendige Verbandbeteiligung zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen erstreckt sich nicht notwendigerweise auch auf das Verfahren im jeweils anderen Bundesland. (Nichtamtliche Leitsätze)
Fundstelle: 48. Erg.-Lief. BNatSchG/ES, BNatSchG § 8 Nr. 85

BVerwG, Urteil vom 13.12.2001 - 4 C 3/01
Zu bauplanungsrechtlichen und naturschutzrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen von Windkraftanlagen im Außenbereich; Eingriff in Natur und Landschaft

Vorinstanz: VGH Mannheim, Urteil vom 20.4.2000 - 8 S 318/00 = BNatSchG/ES, BNatSchG § 8 Nr. 79
BauGB §§ 35 Abs. 1, Abs. 3, BNatSchG §§ 8, 8a Abs. 2, NatSchG BW §§ 10, 11, BImSchG § 13, BImSchV 4, VwGO § 113 Abs. 1
1. Die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für Vorhaben im Außenbereich haben einen eigenständigen Charakter und sind unabhängig voneinander zu prüfen.
2. Im Falle eines privilegierten Außenbereichsvorhabens (§ 35 Abs. 1 BauGB) unterliegt die Frage, ob dem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB öffentliche Gründe entgegenstehen, und die naturschutzrechtliche Entscheidung nach § 8 Abs. 3 BNatSchG in Verbindung mit den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen, der vollen gerichtlichen Kontrolle.
Fundstelle: 48. Erg.-Lief. BNatSchG/ES, BNatSchG § 8 Nr. 86

VGH München, Urteil vom 25.4.1996 - 9 N 94.599
Zur Funktionslosigkeit einer Landschaftsschutzverordnung

BayNatSchG Art. 12; RNatSchG §§ 5, 19
1. Die fehlerfreie Ausfertigung des Textes einer nach §§ 5, 19 RNatSchG erlassenen Landschaftsschutzverordnung erstreckt sich auf eine die ausführliche Grenzbeschreibung der geschützten Landschaftsteile enthaltende Anlage, wenn zwischen Verordnungstext und eindeutig identifizierbarer Anlage eine ausreichende inhaltliche Verknüpfung besteht. Die Anlage zur Verordnung bedarf unter diesen Voraussetzungen ebensowenig einer gesonderten Ausfertigung wie eine im Verordnungstext zusätzlich in Bezug genommene Landschaftsschutzkarte.
2. Eine Landschaftsschutzverordnung wird wegen Funktionslosigkeit - ganz oder in Teilbereichen - unwirksam, wenn und soweit der naturschutzrechtliche Zweck der Unterschutzstellung infolge vollständiger Bebauung der einbezogenen Grundstücksflächen offenkundig nicht mehr erreicht werden kann.
Fundstelle: 48. Erg.-Lief. BNatSchG/ES, BNatSchG § 15 Nr. 106

VGH Mannheim, Beschluss vom 18.5.2000 - 3 S 687/00
Zur Funktionslosigkeit einer Landschaftsschutzverordnung
NatSchG BW § 22
Eine Landschaftsschutzverordnung kann ganz oder in Teilbereichen wegen Funktionslosigkeit erst dann unwirksam sein, wenn und soweit sämtliche naturschutzrechtlichen Zwecke der Unterschutzstellung auf unabsehbare Zeit offenkundig nicht mehr erreicht werden können.
Fundstelle: 48. Erg.-Lief. BNatSchG/ES, BNatSchG § 15 Nr. 107

BVerwG, Beschluss vom 20.2.2002 - 4 B 12/02
Zum Begriff der "überwiegenden Gründe des Gemeinwohls" in § 20c Abs. 2 Satz 1 BNatSchG
Vorinstanz: OVG Lüneburg, Urteil vom 8.11.2001 - 8 LB 46/01
BNatSchG §§ 20c Abs. 2, 31 Abs. 1
1. Der Begriff "überwiegende Gründe des Gemeinwohls" hat in § 20c Abs. 2 Satz 1 BNatSchG den gleichen Inhalt wie in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG.
2. Im Tatbestandsmerkmal der "überwiegenden" Gründe kommt der Bilanzierungsgedanke bei § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG zum Ausdruck.
3. Ob eine Maßnahme aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls zuzulassen ist, kann nur das Ergebnis einer Abwägungsentscheidung sein, wobei eine Ausnahme allenfalls in Betracht kommen kann, wenn Gründe des öffentlichen Interesses von besonderem Gewicht sie rechtfertigen. (Nichtamtliche Leitsätze)
Fundstelle: 48. Erg.-Lief. BNatSchG/ES, BNatSchG § 20c Nr. 10

Literatur:

Becker, Hans-Thilo: Neufassung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und dessen Bedeutung für das Bebauungsplanverfahren
in: Kommunalpraxis, 2002, Heft 1, S. 26-29

Berg, Gunhild: Verwaltungsvorschriften zur Anwendung der FFH-Richtlinie. Diskussionsseminar zum Erlass der Durchführungsbestimmungen für Prüfungen nach der FFH-Richtlinie am 19.6.2001 in Warnemünde
in: Natur und Recht, 2002, Heft 3, S. II-IV

Finke, Mathias: Zur Zukunft der Landesplanung. Neue Ansätze und Entwicklungen des Landesplanungsrechts - Symposium des Zentralinstituts für Raumplanung an der Universität Münster am 29.10.2001
in: Natur und Recht, 2002, Heft 3, S. 146-149

Fluck, Jürgen: Fehlerhafte Überplanung von Altlasten - keine Verantwortung der Kommune nach dem BBodSchG?
in: Deutsches Verwaltungsblatt, 2002, Heft 6, S. 375-381

Gassner, Erich: Zur Eingriffskondiktion fluglärmbetroffener Nachbarn
in: Festschrift für Werner Lorenz zum 80. Geburtstag, 2001, S. 131-146

Hendrischke, Oliver: Landwirtschaft im Bauplanungsrecht
in: Umwelt- und Planungsrecht, 2002, Heft 4, S. 133-137

Keppel, Holger: Öko-Konto-Modell Rottenburg am Neckar - ein Beitrag zur Umsetzung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in der Bauleitplanung
in: Die Gemeinde (Baden-Württemberg), 2001, Heft 23, S. 948-952

Lagoni, Rainer: Die Errichtung von Schutzgebieten in der ausschließlichen Wirtschaftszone aus völkerrechtlicher Sicht
in: Natur und Recht, 2002, Heft 3, S. 121-133

Mecklenburg, Wilhelm: Anmerkungen zur Rechtsfigur des potentiellen FFH-Gebietes
in: Umwelt- und Planungsrecht, 2002, Heft 4, S. 124-129

Rühl, Christiane: Das Verhältnis von Umweltverträglichkeitsprüfung bei Bauleitplänen und nachfolgender Umweltverträglichkeitsprüfung in Vorhabenzulassungsverfahren
in: Umwelt- und Planungsrecht, 2002, Heft 4, S. 129-133

Schmidt, Michael; Rütz, Nicole; Bier, Sascha: Umsetzungsfragen bei der strategischen Umweltprüfung (SUP) in nationales Recht
in: Deutsches Verwaltungsblatt, 2002, Heft 6, S. 357-363

weitere Informationen zum Naturschutzrecht finden Sie unter
www.naturschutzrecht.net