Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs
Rs. C-131/88 (Kommission ./. Deutschland)
Urteil zur Auswahl der Vogelschutzgebiete. Auswahl muss nach rein fachlichen Kriterien, nicht nach wirtschaftlichen oder anderen erfolgen.
Urt. v. 28.02.1991 - Rs. C-57/89 (Leybucht)
Die flächenmäßige Verringerung und Veränderung eines geschützten Gebiets darf nur aus außerordentlichen Gründen des Gemeinwohls erfolgen, die Vorrang vor den mit der Richtlinie verfolgten Umweltbelangen haben. Dafür reichen wirtschaftliche oder freizeitbedingte Erfordernisse nicht aus, es sei denn, die ökologische Gesamtbilanz wird durch die Maßnahme verbessert.
Urt. v. 02.08.1993 Rs. C-355/90 (Santoña)
Die Auswahl der Vogelschutzgebiete muss nach den in der EU-Vogelschutzrichtlinie festgelegten rein ornithologischen Kriterien erfolgen. Die Mitgliedstaaten sind nicht berechtigt, nach ihrem Ermessen Ausnahmen bei der Gebietsauswahl zu treffen, die auf der Berücksichtigung anderer Interessen oder Erfordernissen wie beispielsweise der Wirtschaft oder Erholung beruhen. Bei der Abgrenzung und dem Zeitpunkt der Ausweisung von Schutzgebieten bestehen keine Handlungsspielräume.
Urt. v. 11.08.1995 Rs. C-431/92 (Großkrotzenburg)
Urteil zur unmittelbaren Geltung von EG-Richtlinien; Behörden müssen RichtlinienBestimmungen, die ein konkrete Verpflichtung begründen, beachten und anwenden.
Urt. v. 11.07.1996 Rs. C-44/95 (Lappel-Bank)
Die Mitgliedstaaten sind nicht berechtigt, bei der Auswahl und Abgrenzung der Gebiete wirtschaftliche Belange zu berücksichtigen. Die Auswahl muss nach den in der Richtlinie vorgegebenen rein ornithologischen Kriterien erfolgen.
Urt. v. 11.12.1997 Rs. C-38/97 (Kommission ./. Deutschland)
Urteil gegen die Bundesrepublik wegen nicht Einhaltung der zweijährigen Frist zur Umsetzung der FFH-Richtlinie in deutsche Rechts- und Verwaltungsvorschriften.
Urt. v. 19.05.1998 Rs. C-3/96 (Kommission ./. Niederlande).
Urteil gegen die Niederlande wegen zahlen- und flächenmäßig
zu geringer Ausweisung von Vogelschutzgebieten. Die Mitgliedstaaten sind zur
Ausweisung von
Vogelschutzgebieten aller Gebiete verpflichtet, die nach ornithologischen Kriterien
am geeignetsten für die Erhaltung der betreffenden Art erscheinen. Diese
Verpflichtung kann nicht durch andere Schutzmaßnahmen umgangen werden.
Wirtschaftliche oder infrastrukturelle Belange dürfen seitens der Mitgliedstaaten
nicht als Auswahlkriterien herangezogen werden.
Urt. v. 18.03.1999 Rs. C-166/97 (Seine-Mündung).
Urteil gegen Frankreich wegen flächenmäßig unzureichender Gebietsausweisung
der aus ornithologischer Sicht besonders wichtigen Seinemündung und wegen
unzulänglicher rechtlicher Unterschutzstellung des Gebiets. Der französische
Staat hat gegen seine Verpflichtungen aus Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie verstoßen,
da er weder besondere Erhaltungsmaßnahmen hinsichtlich der Lebensräume
von Vögeln in der Seinemündung noch geeignete Maßnahmen zur
Vermeidung von
Beeinträchtigungen dieser Lebensräume getroffen hat.
Urt. v. 25.11.1999 Rs C-96/98 (Sumpfgebiet des Poitou).
Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel
4 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung
der
wildlebenden Vogelarten verstoßen, dass sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen
Frist eine ausreichend große Fläche im Sumpfgebiet des Poitou zum
besonderen
Schutzgebiet erklärt hat, dass sie keine Maßnahmen getroffen hat,
um den im Sumpfgebiet des Poitou eingerichteten besonderen Schutzgebieten einen
ausreichenden
rechtlichen Schutzstatus zu verleihen, und dass sie keine geeigneten Maßnahmen
getroffen hat, um die Beeinträchtigung der im Sumpfgebiet des Poitou zum
besonderen Schutzgebiet erklärten Gebiete und eines Teils der Gebiete,
die zu besonderen Schutzgebieten hätten erklärt werden müssen,
zu vermeiden.
Urt. v. 07.12.2000 Rs. C-374/98 (Basses Corbières).
Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten verstoßen, dass sie keinen Teil des Gebietes Basses Corbières zum besonderen Schutzgebiet erklärt und es versäumt hat, für dieses Gebiet besondere Schutzmaßnahmen zu treffen, die hinsichtlich ihrer geografischen Ausdehnung ausreichend sind.
Entscheidungen bundesdeutscher Gerichte
BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 4 A 9.97 (A 20 Urteil):
Die Vogelschutzrichtlinie begründet gegenüber staatlichen Behörden,
auch ohne Umsetzung in nationales Recht, unmittelbar rechtliche Verpflichtungen.
Die
Mitgliedstaaten sind zur Ausweisung aller Gebiete verpflichtet, die nach ornithologischen
Kriterien am geeignetsten für die Erhaltung der betreffenden Art erscheinen.
Diese Verpflichtung kann nicht durch andere Schutzmaßnahmen umgangen werden.
Wirtschaftliche oder infrastrukturelle Belange dürfen seitens der Mitgliedstaaten
nicht als Auswahlkriterien herangezogen werden. Hat ein Mitgliedstaat die FFH-Richtlinie
noch nicht vollständig umgesetzt, besteht die rechtliche Möglichkeit
eines sog. potentiellen FFH-Gebietes, wenn die Kriterien der Richtlinie erfüllt
sind und sich die Aufnahme in das kohärente europäische Netz aufdrängt.
Die Richtlinie darf auch vor ihrer vollständigen Umsetzung nicht durch
den Mitgliedstaat derart unterlaufen werden, dass die spätere Erfüllung
der Vertragspflichten nicht mehr möglich ist.
BVerwG, Urt. v. 18.12.1998 4 A 10.97.
Das Urteil weist die Klage eines Grundeigentümers gegen den Planfeststellungsbeschluss
des Landesamts für Straßenbau und Straßenverkehr des Landes
Schleswig-Holstein vom 28.4.1997 ab. Das Grundstück des Klägers ist
durch den Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen.
Die Gründe der Klage beziehen sich auf deutsches und europäisches
Recht (Nordumfahrung als Alternative nach §19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG und
Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie) und wurden bereits im 1. A 20 Urteil vom 19.5.1998
vorgebracht.
OVG Münster, Urt. v. 11.05.1999 20 B 1464/98.AK BNatSchG §§19a Vogelschutz-RL, FFH-RL Art 6,7.
Ob ein Gebiet eine herausgehobene Bedeutung für den Vogelschutz hat, die
es als faktisches Vogelschutzgebiet qualifiziert hängt von den konkreten
Umständen wie
Gebietseigenart und -größe, Anzahl der dort anzutreffenden Arten
usw. ab. Ein gewichtiges Indiz für die Zuordnung stellt die Aufnahme des
Gebiets in die Vorschlagsliste IBA 89 dar. Nur Projekte, die ein Schutzgebiet
gewichtig und nachhaltig beeinträchtigen sind mit den Erhaltungszielen
des Gebiets unverträglich. Die eingeschränkten Ausnahmen vom Verträglichkeitsgrundsatz
(§19c Abs. 4) finden keine Anwendung auf Vogelschutzgebiete.
OVG Lüneburg, Beschluss v. 24. 3. 2000 3M 439/00.
Abweisung einer Klage gegen das Land, die Meldung eines in Frage kommenden FFH-Gebiets zu unterlassen wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses.
VG Freiburg, Beschluss vom 26. 04. 2000 - 4 K 981/100
Es besteht kein Anspruch eines Grundeigentümers, der Landesregierung zu
untersagen, im Rahmen der Meldepflichten für FFH- bzw. Vogelschutzrichtlinie
der EG
ermittelte Daten per CD-Rom oder Internet weiterzugeben, auch nicht aus Datenschutzgründen.
BVerwG, Beschluss v. 24.08.2000 6B 23.00 (OVG Koblenz) FFH-Richtlinie Art. 3-6, Anhang III.
Den Mitgliedstaaten steht bei der Aufnahme der Gebiete von gemeinschaftlicher
Bedeutung im Sinne der FFH-Richtlinie in die nationale Vorschlagsliste ein
naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu. Das Vorkommen prioritärer
natürlicher Lebensraumtypen oder Arten zwingt nicht ohne Ausnahme zur Aufnahme
des
Gebiets in die nationale Vorschlagsliste.